Seychellen

115 gezählte Inseln und Inselchen gehören zu den Seychellen. Schon der Klang des Namens lässt einen träumen – von weißem Sand, türkisblauem Meer und Sonne pur. Die Realität steht diesen Träumen in nichts nach. Freilich gibt es auf der Zentralinsel Mahé auch Straßen und eine Menge Autos, die sich vor allem in der Hauptstadt Victoria durch die Sträßchen zwängen. Mit 25.000 Einwohnern zählt Victoria zu den kleinsten Hauptstädten der Welt. Einige Kilometer südlich von ihr befindet sich der Flughafen, auf dem die großen Übersee-Maschinen landen und die kleinen Propellerflugzeuge starten, mit denen man auf weiter entfernte Inseln wie Bird Island gelangen kann. Wie der Name schon sagt, ist diese Insel den Vögeln gewidmet. Entsprechend flatterhaft und laut geht es dort zu. Ein einziges Hotel lädt maximal 50 Vogelinteressierte zum Verweilen in schönen Bungalows unter Palmblätterdächern ein. In der Zeit von April/Mai bis Oktober/November kommen Millionen von Rußseeschwalben auf diese Koralleninsel, um zu brüten und ihre Jungen groß zu ziehen. Die Luft ist erfüllt von ihrem Gekreische. Das Brutgebiet nimmt rund ein Drittel der Inseloberfläche ein. Zu den ständigen Bewohnern von Bird Island zählen z.B. Feenseeschwalben, Sperberturteltäubchen und Madagaskarweber.

Praslin ist um einiges näher an Mahé gelegen. Die Granitinsel lässt sich auch mit der Fähre erreichen. Die Fahrt auf der „Cat Cocos“ dauert eine knappe Stunde. Und dann ist man angekommen: In der Mitte Praislins im Vallée de Mai soll sich der Garten Eden befunden haben. Der gebirgige Wald aus urzeitlichen Palmen – jede von ihnen 20-30 Meter hoch – ist zum UNESCO Kulturerbe erklärt worden. Die weit ausladenden Blätter rascheln und knistern auf nie gehörte Weise. Ihre grünen Fächer sind ein willkommenes Versteck für den schwarzen Papagei, der fast genauso hohen Seltenheitswert hat wie die riesigen Kokosnüsse, die hier wachsen. Bis zu 20 Kilogramm kann die „Coco de Mer“ genannte Frucht auf die Waage bringen. Ihre außergewöhnliche Form, die dem Schoß einer Frau gleicht, ist als omnipräsente Illustration das Wahrzeichen der Inselgruppe, ob in Reisebüros oder Souvenirlädchen.

Vom Warensortiment sollten Urlauber, die auf Shopping stehen, indes nicht ganz so viel erwarten. Die von Ferienorten bekannten Boutiquen, blitzsauberen Auslagen, der hübsch aufgemachte Plunder fehlt auf den Seychellen. Auch in den Supermärkten hat man es zum allergrößten Teil mit nie gesehenen Marken zu tun. Frischmilchprodukte gibt es ebenso wenig wie Kühe auf den Seychellen, dafür allerhand Früchte, die man noch nie gesehen hat, und das alles eher ein bisschen chaotisch auf einfachen Holzregalen zusammengewürfelt. Im Marktviertel von Victoria findet man Obst, Gemüse, Gewürze und natürlich jede Menge Fisch, dazu Gemischwarenläden, in denen ein Hammer neben der Zahnpasta hängt und völlig aus der Mode gekommene Schaufensterpuppen bunt bis schräg gekleidet sind. Nach Hilfiger und Co. wird man hier vergeblich Ausschau halten, doch die Seychellois flanieren hier gerne.

Sie sind ein besonderes Völkchen, die Seychellois, eine einzigartige Mischung, afrikanischen, indischen, asiatischen und auch europäischen Ursprungs: Auch die französischen, dann die englischen Siedler haben hier ihre Spuren hinterlassen. Und so wird hier auch fließend Französisch so wie Englisch gesprochen. Die Landessprache ist aber Kreol – ein stark vereinfachtes Französisch, das ganz ohne Konjugation der Verben auskommt.

Mahé bietet viele Sehenswürdigkeiten, ganz besonders für den, der von Meer und Natur begeistert ist. Neben den herrlichen Stränden wartet die Zentralinsel mit einer üppigen Flora auf, die ihresgleichen sucht. Für den Europäer sind die meisten Pflanzen neu, vom „Fruit à Pain“-Baum, dessen Früchte zu einer Art Chips verarbeitet werden, bis zur Football-großen grünen „Jack Fruit“, deren Inneres aus Dutzenden dottergelber Fruchttaschen besteht, die süßer schmecken als jedes andere Obst. Die bergige Insel ist neben Kokospalmen, Mangroven, Hibiskuspflanzen und vielen anderen tropischen Gewächsen auch voller Zimtbäume. Bei einer Wanderung durch die üppige Natur wird man schnell eine Nase dafür bekommen. Leider sind die Zimtbäume für die Verdrängung der Palmen verantwortlich. Die importierte Pflanze trägt also zur Zerstörung der ursprünglichen Flora bei. Um die grüne Bandbreite der Seychellen einmal ausgeschildert kennen zu lernen, lohnt sich eine Fahrt in den „Jardin du Roi“ im Süden Mahés. So gut wie jeder Winkel der Insel lässt sich mit den öffentlichen blauen Bussen erreichen. Am Zentralbahnhof in Victoria gibt es für wenige Rupees einen Übersichtsplan. Das Ticket erhält man direkt beim Fahrer. Es kostet nur wenige Cents.

Wer auf teure Hotelpreise verzichten will, sollte sich im Internet nach günstigen Pensionen umsehen, die „Self Catering“ anbieten, mehr Infos dazu in meinem Buch. Auch das Essen in Restaurants will zum Teil teuer bezahlt werden. Take away-Stände und Imbissbuden nehmen sich dagegen sehr preisgünstig aus, und der Geschmack der Mahlzeiten überrascht meist mehr als positiv! Im Mittelpunkt der Seychellen-Küche steht natürlich Fisch – ob gegrillt, gebraten, geröstet oder gekocht, ungewohnt, aber reizvoll mit Zimt, Safran, Ingwer, Chilli und Limette gewürzt. Das zweite Standbein der kreolischen Kochkunst bilden exotische Früchte und Gemüse in Form von erfrischenden Salaten oder in Kokosmilch gegarten Früchten. Dazu passt in jedem Fall das vor Ort gebraute „Seybrew“-Bier oder erfrischender Citronella-Tee.

La Palma

Genau 50 Jahre, nachdem der als „freundlicher Vulkan“ in die Geschichtsbücher eingegangene „Teneguia“ La Palma einen längeren Südzipfel bescherte, brach aus einem flachen Hang an der Inselwestseite völlig unvermutet Lava aus: Tajogaite brodelte mitten in der Corona-Zeit. „Lüften, lüften, lüften!“, lautete da gerade die Order im Fernsehen; „Fenster schließen!“ rieten die Behörden auf La Palma. Für rund 7000 Menschen der „Isla Bonita“ gab es bald keine Fenster mehr zum Schließen: Fast 900 Häuser wurden metertief unter Lava begraben oder von einer bis zu 15 Meter hohen Lavafront zusammengedrückt. Hausgroße Lavabomben flogen in den Himmel; Aschesäulen türmten sich auf bis zu 5000 Meter. Die Eruption dauerte 85 Tage und war Spaniens bisher schlimmste Naturkatastrophe. Inzwischen führt eine neue Straße durch das 1.241 Hektar große schwarze Schotterfeld zwischen Tazacorte und Puerto Naos. Noch besser kann man es über Stege-Wege in Augenschein nehmen, zugänglich über das bereits vor dem Ausbruch im Bau befindliche und jetzt fertig gestellte Besucherzentrum Caños de Fuego. Weiter bergauf, Richtung der Ausbruchsspalten, ist die Landschaft von feinkörnigem, grauem Lapilli bedeckt. Bei Las Manchas unweit der Virgen de Fátima de las Cenizas gibt es einen Aussichtspunkt und einen Wanderweg, der guten Einblick bietet. Am nächsten kommt man dem neu entstandenen Vulkankegel auf einer Führung (Buchen in El Paso bei La Palma Outdoor). Ohne Guide ist es nicht erlaubt, das Epizentrum zu betreten. Puerto Naos, der Küstenort mit dem schönen schwarzen Sandstrand, und La Bombilla sind bis 2024 wegen stark erhöhter CO2-Emissionen größtenteils evakuiert und von der Polizei abgesperrt. Wo die Gase genau austraten, konnte nicht festgestellt werden oder wurde nicht öffentlich. Erst im April 2024 durften rund 600 Menschen wieder zurück, aber nur diejenigen, deren Wohnung sich in einem Sektor befand, in dem die Gasbelastung gemäß Hunderter aufgestellter Sensoren deutlich abgesunken war. Wir waren im März 2024 auf La Palma und hatten eine Unterkunft in unmittelbarer Nähe des gesperrten Aridane-Tals. Das Wetter war großteils sehr badefreundlich, wir fanden in Tazacorte schöne Strandalternativen. Sehr zu empfehlen: der Playa Nueva oder auch Playa del Mangon, den man zu Fuß und auf den letzten Metern über eine verrostete Treppe entlang der Steilklippe erreicht. Am Strand ist Nacktbaden erlaubt, und es gibt sogar eine Süßwasserdusche, mehr aber auch nicht. Am besten parkt man in Tazacorte beim Restaurante Los Lavaderos und geht von dort aus dorthin. Der Playa de Tazacorte am Puerto ist natürlich um einiges größer, bietet öffentliche Toiletten und eine Menge schöner strandnaher Lokale. Laut Statistik kommt er im Jahr auf mehr Sonnenstunden als jeder andere Urlaubsort in Europa. Allerdings ist das Meer vor La Palmas Ostküste immer ein kleines bisschen wärmer, weil der Golfstrom hier ganz nah vorbeifließt. Doch das bis auf  2.426 Meter ansteigende Nord-Süd-Gebirge ist eine Wetter-Scheide, bedeutet: Wolken, die die Passatwinde herbeitragen, bleiben meist auf der Ostseite hängen und regnen hier ab. Es kann also passieren, dass auf der einen Seite des Túnel de la Cumbre dichter kühler Nebel herrscht und zwei Kilometer weiter in El Paso die Sonne vom blauen Himmel scheint. Die höchste Erhebung an der Nordspitze der Insel schuf vor 2 Millionen Jahren der Garafia-Vulkan. Der erkaltete Kegel brach später halbseitig ein und ergoss eine Trümmerlawine ins Meer. 200.000 Jahre später brach ein neuer Vulkan aus, der eine Höhe von 3.500 Metern erreichte und alles mit Lava überdeckte, später aber ebenfalls erodierte. Aus diesem Wechselspiel entstand die Caldera de Taburiente, ein gigantischer Kraterkessel, den zu erwandern einfach traumhaft ist. An seiner nordöstlicher Abrisskante wurden mehrere Sternwarten errichtet. Das Observatorio del Roque de los Muchachos (ORM) misst zum Beispiel Gammastrahlen, hochenergetische Photonen, die Hinweise auf längst vergangene Sternenexplosionen geben können. Damit diese Messungen nicht gestört werden, gibt es auf La Palma ein Gesetz zur Vermeidung von Lichtverschmutzung. Die gelben Straßenlampen und das Fehlen von Leuchtreklame sind eine Ergebnis dieses auf der Welt einmaligen Gesetzes. Dem Bau des Observatoriums ist eine asphaltierte Serpentinenstraße zu verdanken, so dass der höchste Punkt der Insel mit dem Auto erreichbar ist. Die Strecke durchläuft mehrere Klimazonen bis hin zum baumlosen Hochgebirgsklima. Die (längere) Ostauffahrt von Santa Cruz aus beginnt mit subtropischem Klima auf Meereshöhe. Oben angekommen kann man bei klarem Wetter über die Vulkankette bis hin zur Südspitze sehen. An anderen Tagen schwebt man förmlich über den Wolken. Im Winter kann es auch nebelig sein. Je früher man sich morgens auf den Weg macht, um so höher sind die Chancen auf gute Sichtverhältnisse. Am Wochenende lohnt sich auf der Fahrt dorthin ein Zwischenstopp auf dem Bauernmarkt in Puntagorda. Er ist in einer sichelförmigen Markthalle am nördlichen Ortsausgang mitten im Kiefernwald von El Fayal situiert. Frisch gepresster Zuckerrohrsaft lässt sich hier kosten, Mandelkuchen, Ziegenkäse aller Reifestufen, Anis-gewürzte Bananenchips und „Honig der tausend Blumen“. Am Deutsche-Torten-Stand von Werner Schimeck stehen vor allem die Einheimischen Schlange. Es sind überhaupt viele Deutsche, die auf La Palma ein neues Leben begonnen haben, sei es als Konditor, Künstler, Bierbrauer, Astrologe, Autoverleiher, Tauchlehrer, Masseur, Heilpraktiker oder Café- und Restaurantbesitzer. So betreibt Frohmut Schweitzer auf dem Weg zu den Höhlen der kanarischen Ureinwohner ein veganes Bio Café inmitten der zauberhaften Landschaft. Auch die Caféküche ist in einer Höhle eingerichtet. Der eigentliche „Gastraum“ liegt mit Blick auf den Atlantik unter einer blühend umrankten Pergola. Da es nicht täglich geöffnet ist, sollte man sich vor einer Wanderung dorthin anmelden! Zweifellos ist La Palma „la Isla Bonita“. Kaum vielfältiger kann man sich eine Kanareninsel vorstellen, gesegnet mit ausgedehnten Kiefern- und Lorbeerwäldern, einer fantastischen Vulkanlandschaft und Heide-bewachsenen Hügeln, auf denen Drachenbäume und Höhleninschriften von uralten Zeiten erzählen. Eine Trauminsel zum Wandern also, wobei aber kaum ein Weg ohne lange, starke Steigungen verläuft! Und hier geht's zu unseren La Palma Fotos.
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Asinara

Wie weit sind der Südzipfel Korsikas und das (einstige) Alcatraz Sardiniens voneinander entfernt? Auf der Karte sieht es aus wie ein Katzensprung. Aber das täuscht. Der Katamaran, mit dem wir diese Strecke antraten, benötigte neun Stunden bei rauer See. Und dabei fuhr er sogar mit Motorantrieb auf direktem Kurs – ohne Umwege durch Kreuzen-Müssen. Als wir vor der Isola dell’Asinara ankerten, war uns allen leicht bis schwer übel. Nur dem Capitano nicht. Wie auch. Seine Magenwände waren sicher so zugeteert wie seine Lunge. Da hob sich nichts mehr. Bloß die Stimme – „No!!“ wenn Guido, Koch und Mädchen für alles wieder was falsch machte – z. B. die Ankerkette zu schnell los ließ oder die Fender zu spät justierte. Während il Capitano und il Cuoco noch mit dem Vertäuen zugange waren – laut dem allwissenden Capitano drohten Ausläufer von Hurrikan Dorian aus Florida des Nachts an der sardischen Küste einzufallen – erweckte uns der Anblick des verwunschenen Ufers und der türkis funkelnden Bucht wieder zum Leben. So schwamm der eine, die andere schnorchelte, die Dritte paddelte zum „Festland“. Und brachen gleich darauf in Entzückensschreie aus ob der zotteligen weißen Esel, die da vor den Ruinen und an den zerschlissenen Sträßchen frisches Gras abnagten, ihre langen Ohren wie Rotorblätter im rechten Winkel vom Kopf abstehend. In Badehosen und Bikinis posierten wir für zig Selfies: neben einem Esel, hinter einem Esel, Esel-streichelnd, Esel-kraulend, Esel-umarmend ... Keins der Tiere hob auch nur einmal sein Haupt oder ließ sich sonstwie beim Grasen stören. Total an Touristen gewöhnt, die zum Tagesausflug in großer Fähre herangeschippert werden, wenige Meter über die Pier trotten und dann gleich in Golfcart-große Elektroautos steigen oder – wenn Kinder im Schlepptau – in eine kleine Bimmelbahn auf Rädern. Und los geht's, die Nordostküste hoch bis zum einzigen richtigen Ort Cala d'Oliva, wo im ehemaligen Zentralgefängnis Dokumente und Gegenstände aus der alten Zeit ausgestellt werden. Gehtüchtige biegen vorher rechts ab und laufen eine halbe Stunde zur Traumbucht Cala Sabina. Es brauchte über dreißig Jahre, um Asinara zu "befreien" und für unbescholtene Bürger zugänglich zu machen: Von 1967 bis 1999 versuchte die Gemeindeverwaltung von Porto Torres durchzusetzen, die Gefängnisinsel zum Naturschutzgebiet zu erklären. Mehrmals war die Errichtung des Nationalparks schon beschlossene Sache, doch dann kamen wieder hochgefährliche Mafiosi dazwischen, die die Regierung nirgendwo anders sicherer verwahren konnte als auf Asinara. Tatsächlich war der sardische Bandit Matteo Boe der einzige Inhaftierte, dem je die Flucht gelang. Bevor die Insel in den 1970er-Jahren zum Hochsicherheitsgefängnis wurde, war sie eine Strafkolonie – von 1885 an. Entsetzliche Zustände müssen nach dem Ersten Weltkrieg geherrscht haben: Tausende Kriegsgefangene wurden hier buchstäblich abgeladen. Viele verhungerten oder gingen an Cholera zugrunde. In den Buchten trieben die Leichen. Der Gestank muss furchtbar gewesen sein. Heute erinnern nur noch die Ruinen und verrosteter Stacheldraht an diese grausamen Zeiten. Allerdings gab es um 2012 Pläne, zwei Gemäuer wieder ihrem alten Zweck zuzuführen, weil die Gefängnisse auf dem italienischen Festland aus allen Nähten platzen. Der Vorschlag kam vom damaligen Premierminister Mario Monti und der Justizministerin Paola Severino, wurde aber nicht in die Tat umgesetzt, weil die Restaurierung zu aufwändig gewesen wäre ... Asinara heute ... Und so konnten K. und ich sorglos auf Erkundungsfahrt gehen. Aber nicht in E-Mobils. Nach dem stundenlangen Liegen/Sitzen an Bord wollten wir unsere erschlafften Muskeln fordern und liehen Mountainbikes ohne Elektrounterstützung. Wir folgten dem Rat vom Capitano, der den Verleiher kannte und zu wissen schien, welche Räder die besten waren. Einige Kilometer weiter südlich, an der Cala Trunca, versuchten wir zum ersten Mal, Herren der Kette zu werden, die sich beim Runterschalten hartnäckig zwischen Ritzel und Rahmen verklemmte. Doch so kam es, dass wir auf ein Eseljunges aufmerksam wurden, dessen Köpflein ähnlich arretiert war, weil es seinen Hals durch die Lücke eines niedergetreteten Drahtzauns geschoben hatte und sich darin, wohl nach wildem Befreiungsversuch, so verheddert hatte, dass ihm der Draht fast die Luft abschnitt. Ein erbärmlicher Anblick: Das arme Tier lag unglücklich auf verdrehten Beinchen und hatte vor Panik mehrmals gekotet. Die Eselmutter stand in sicherer Entfernung und i-ahte laut. Wir versuchten, den Draht aufzuzwirbeln – hoffnungslos. Eine Kneifzange musste her. Il Capitano hatte sicher eine, aber Handyempfang ist auf Asinara quasi nicht gegeben. Ich lief zur Straße und hielt einen Touribus an. Die italienische Reiseleiterin versprach, am Pier jemand offizielles zu verständigen. Anscheinend fand sie keinen, oder der Offizielle hatte die Notlage mit "E allora? Un asino più o meno ..." ("Na und? Ein Esel mehr oder weniger ...") abgetan. Dann kam in der Ferne ein Jeep die Serpentinenstraße entlang. Ich signalisierte mit Heben und Senken der Arme das Seefahrer-Notsignal. Der Wagen stoppte an der Stelle, wo es zu uns nur auf einem Trampelpfad weiterging. Zwei nach italienischen Rangern aussehende Männer sprangen heraus und rannten alarmiert die Böschung herunter auf uns zu. Sie nahmen die Lage immer noch ernst, als sie sahen, dass ein Esel, kein Mensch, um sein Leben rang. Ohne zu zögern quetschten sie das arme Eselchen mit brachialer Gewalt zurück durch die Schlaufe: Der Eine presste ihm die Ohren an den Hals und drückte es zu Boden. Der andere zerrte ihm den Draht über den Kopf. Ich konnte kaum zusehen und fürchtete: Der steht nie wieder auf. Aber so war es nicht. Kaum war das Tier befreit, lief es schnurstracks zu seiner Mutter, schnappte sich mit dem Maul ihre Zitze und fing an, ausgiebig zu saugen. Wir waren alle völlig aus dem Häuschen und konnten gar nicht mehr aufhören, uns gegenseitig "Molto grazie!" zuzurufen.
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Donaudelta

Rumänien – das Land, in dem Dracula nachts seinen Blutrausch bekam ... Alles erfunden, wie ich auf dieser Reise lernte. Außerdem ist diese Mär in Transsilvanien verortet, einem ganz anderen Teil Rumäniens. Unsere Truppe – 18 an der Zahl – bewegte sich nämlich weit südlich der Südkarpaten am Ende des flachen Landteils: im Donaudelta. Hier ist die Donau auf ihrer langen Reise dank zahlreicher Zuflüsse zu einem kolossalen Strom angeschwollen. Nichts mehr zu sehen von dem Blau, das ihr bei Passau zugesungen wird. Graubraun zeigte sich uns der Strom und hochwässern: Die Schneeschmelze der österreichischen Berge hatte den Pegel trotz regenarmer Monate weit ansteigen lassen. Entwurzelte Bäume trieben an uns vorbei. An den Ufern ragten abgewrackte Schiffe halb untergegangen aus den Fluten. Beim Eintritt ins eigentliche Delta aber verloren sich solche Ansichten. Die Wasserwege wurden schmal und stiller, das Wasser klar und glätter. Zu Beginn glitten wir noch an Deichen entlang, über Kilometer abgenagt von frei gehaltenen Rindern, die sich zumuhten oder baden gingen. Später wechselte das Ambiente in eine liebliche Üppigkeit. Schwimmende Seerosen-Teppiche flankierten unseren Fahrweg. Im Schatten von Erlen und Pappeln neigten weiße Rösser ihre Hälse, um vom Kanalwasser zu saufen. Im Hintergrund blühten Heckenrosen. Wäsche trocknete an Leinen zwischen Lehmhäusern. Ganz entfernt ragten die silbernen Zinnen einer Basilika in den Himmel. Dann wichen die festen Ufer. Schilf nahm ihren Platz ein. Kurvenreich und immer labyrinthischer mäanderte der Wasserweg in das Biosphärenreservat. Pelikane, Reiher und Kraniche stoben aus dem Dickicht, aufgeschreckt vom Motorbrummen unsres kleinen Kahns. In solchen Momenten schnellten Smartphones und Kameras nach oben, doch die unbekannten Vögel erschienen gar zu plötzlich, umso flinker flohen sie vor den störenden Touristen, obwohl die doch extra aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, ja sogar Kanada angereist waren. Nur die Störche ließen sich nicht vertreiben. Jeder dritte Strommast war von einem Storchennest gekrönt. Dafür duckten sich die Riesenvögel bald, nachdem sie uns sichteten, sodass aufs Neue kein scharfes Vogelfoto zustande kam. D., der in Leipzig als Robin-Williams-Double arbeitet, passte auf wie ein Luchs, dass bloß keiner auf die Störche zeigte. Denn das konnte in seinen Augen kein Zufall sein: Wann immer jemand aus seiner Familie den ausgestreckten Zeigefinger auf so einen Vogel gerichtet hatte, war neun Monate später ein neuer Verwandter zur Welt gekommen. D.s Sippe war dadurch kontinuierlich größer geworden, hatte kürzlich gar die Kelly-Family in Sachen Familiengröße aus dem Buch der Rekorde verdrängt. Gewarnt richteten wir all unsere Blicke ins dunkle Nass, das uns vieles offenbarte, zum Beispiel: Auf beinahe jedem Seerosenblatt saß ein Frosch. Einer davon vernarrte sich in das Aroma der Zigarillos, die die frisch vermählte B. legal an Deck genoss. Immer wenn sie ihre Rauchpause beendet hatte, sprang der grüne Hüpfer in den Aschenbecher und machte es sich neben der nass gelöschten Zigarillo bequem (siehe Bildergalerie). Es gab noch mehr schwimmendes Getier, Wasserschlangen nämlich und Blutegel. I. sah darin ihre Chance auf einen verjüngenden Aderlass. Sie wusste von Demi Moore, dass Blutegel am Bauch das Geheimnis ihrer Schönheit seien. R., Agil-Aging-Arzt aus München, lehnte jedoch ab, den Wurm anzusetzen. Er hielt nichts davon, hatte auch noch nie etwas von der Münchener Juchheim-Kosmetik gehört. R. betonte, nur "barfuß" zu therapieren, und überdies sei er "Humanist". D.s Frau V. war begeistert von seiner wissenden Rhetorik und engagierte R. am Ende für eine Abschlussrede, die den Reiseleitern L. und M. zur Ehre gereichen sollte. An diesem letzten Abend würde selbst das Schweizer Pärchen J. und A.-M. noch lange am Abendbrottisch sitzen bleiben. Einfach aufzustehen wäre auch unhöflich gewesen. Denn L. und M. hatten zum feierlichen Abschluss zwei Musiker engagiert: einen zwar zahnlosen, dafür umso virtuoseren Akkordeonspieler, dazu einen inbrünstigen Sänger und Geiger, dessen Violine verstimmt wirkte, wobei dies sicherlich ein stilistisches Mittel war, welches O., Kanadas Königin, erst gequält grimassieren ließ, dann schlichtweg sprachlos stimmte. Obwohl der Sänger trotz eng anliegender weißer Hosenbeine alles andere als schwul wirkte, hatte er deutlich ein Auge auf K. aus Dortmund geworfen. Dieser saß ihm schräg gegenüber in einer Ecke der U-förmig aufgestellten Tische. Immer wieder signalisierte er K., ihn attraktiv zu finden und wurde sehr ungeduldig, wenn K. bei den Choreinsätzen nicht deutlich schallend grölte. L. feuerte alle Anwesenden zusätzlich an, sodass es – einigen weniger genehm – zu Zugaben kam. L.s Aufforderung schließlich, die Musiker – konzertbeendend – mit den kunstvollen Serviettenblumen zu bewerfen, wurde – teils erleichtert – Folge geleistet. Das alles geschah in einem gemauerten Gasthaus ausgefallener Architektur in Tulcea. Hinter uns lagen die Tage an Bord des kleinen Hotelschiffs, das auch vorher schon streckenweise ohne uns weiterfuhr, weil wir auf Stahlrössern kräftezehrende Ausflüge ins Umland unternahmen. Einer wirkte dabei niemals erschöpft: A. aus der Nähe von Frankfurt. Auf der letzten Etappe zu einer hoch gelegenen Burgruine gab er sogar noch Tempo. Da war die Hälfte der Truppe schon in den Bus umgestiegen, der uns sicherheitshalber verfolgte. Der Rest der Radler schaltete keuchend Gang um Gang runter oder schob gar. Die Österreicherin K. gab nicht mal trotz großflächiger Sonnenbrandblasen am Rücken auf. Vater H. war sehr stolz. Immerhin erreichte sie als Letzte den Serpentinenweg zur mittelalterlichen Festung. A. endete dort wie schon angedeutet als Allererster. J. als Vierter, denn er behielt dank Schweizer Hightech-Mütze immer einen kühlen Kopf: Sein unscheinbar beiges Cappy blies sich beim Fahren zu einer luftgefüllt isolierenden Haube auf. Am weiter oben angerissenen Tag, an dem wir mehr und mehr in die Tiefen des Deltas trieben, blieben die abgerockten Räder an Bord eines kleinen Extraboots, das im Schlepptau des Hotelschiffs fuhr. L. und M. erklärten uns die Vegetation. Denn das Grün ringsum unterschied sich in einer Sache grundlegend: Während weite Flächen von Schilf und anderen Pflanzen eingenommen waren, die an diesen Stellen tief unter Wasser im Grunde wurzelten, handelte es sich bei anderen Grünflächen um schwimmende Inseln. L. führte uns dies vor Augen, indem er sich über die Reling beugte, mit beiden Händen einen Büschel Schilf packte und daran zog. Sofort hob sich dadurch das gesamte "Beet" mit an – zumindest der vordere Teil, aus dem die Zweige ragten, an denen L. soeben riss. Wir lernten: Ein sicherer Hinweis darauf, dass die Grünfläche in einem schwimmenden Geflecht aus Tausendblatt wurzelte, war, wenn vor so einem Schilfmeer Farn wuchs oder Wasserminze. M., dem die Erzählkunst angeboren war, beschrieb besonders anschaulich, wie flexibel diese schwimmenden Inseln ihre Standorte wechseln konnten. Über Nacht könnte sich so die gesamte Infrastruktur im Donaudelta ändern. Schiffsleute und Fischer, die hier seit Jahrzehnten fuhren, erlebten beinahe täglich neu arrangierte Wasserwege. Und wenn sie nicht aufpassten, könnte es sogar schnell passieren, dass sie samt Boot von einer Insel eingefangen wurden, aus der sie sich nur mühsam befreien konnten. – Wie Recht er behalten sollte! Denn hier – weit weg vom Festland, umgeben von schwimmenden Inseln – sollten wir diesmal die Nacht verbringen. Selbstverständlich wurden keine Anker ausgeworfen, das war im Naturreservat nicht erlaubt. Stattdessen banden L. und M. das Hotelschiff vorne und hinten an stabilem Schilfrohr fest. Vermeintlich stabil, in Wahrheit flexibel! Hätte nicht auch L. es wissen müssen? Oder war es gar seine heimliche Leidenschaft, falsche Erwartungen zu wecken? Dafür sprachen seine paradoxen Beschreibungen anstehender Touren. Anfangs war das ärgerlich, am Ende richtig witzig. Leider nicht in seinen Augen: Als A.s Frau M. und K.s Freundin I. bei seiner letzten, vorgetragenen Tourenbeschreibung einen herrlichen Lachkrampf bekamen, stampfte L. erbost auf, forderte Respekt und drohte andernfalls mit schlimmen Schotterpisten. Von daher können die schrägen Musiker auch eine kleine Rache an uns gewesen sein. Nicht aber, dass unser Hotelschiff über Nacht von schwimmenden Inseln umwuchert wurde. Als wir am nächsten Morgen im kleinen Speisesaal eintrafen, arbeitete die Crew bereits seit Stunden mit Macheten an der Befreiung des Schiffs. Immer wieder ließen sie den Motor aufheulen und versuchten, den Schlingpflanzen zu entkommen. Doch so sehr das Hotelschiff auch an den grünen Ketten riss – ein Loskommen war nicht. K., die Therapeutin, mahnte, das traumatisiere die versteckt im schwimmenden Grün brütenden Vögel. O.s Mann, der in Kanada eine ganze Hühnerfarm besaß, hielt zwar dagegen. Dafür machten sich A. und R., ebenfalls aus München, umso mehr Sorgen um das Naturreservat. Und so kam es, dass der missverständliche L. zum Helden wurde. Seine Furchtlosigkeit gegenüber dunklen Gewässern hatte er schon vorher bewiesen, wenn er allabendlich in der Donau schwimmen ging, auch wenn er sich gleich bei der ersten Gelegenheit an einem überschwemmten Stacheldrahtzaun das Bein aufgerissen hatte. Unverdrossen zog er sich an diesem Morgen wieder resolut seine Chlorbrille über den Kopf, atmete ein paar Mal tief durch und sprang dann von Deck. Einmal noch kurz Luft geholt, dann tauchte er unter das Boot, wo er die Schiffsschraube mit Machete und Schere von ihrer grünen Umwicklung befreite. Nur so kamen wir los. Doch beim Auftauchen spürte L. Taubheit in Armen und Beinen, erkannte uns nicht wieder, wusste nicht mal mehr, wie er hieß. R. erkannte gleich, dass es sich um eine Methanvergiftung handelte, und wusste: Eine Mütze Schlaf würde L. wieder auf die Beine helfen. M. war es, der uns aufklärte: Auf ihrem Weg durch zehn europäische Staaten, viele davon ohne Kläranlagen, würden Unmengen Nährstoffe, allen voran Stickstoff und Phosphor, in die Donau geleitet. Entsprechend überdüngt sei das Delta und forciert das Wachstum des Schilf, der Unterwasserpflanzen und Algen. Umso mehr Biomasse sterbe ab, sinke an den Grund und faule. Und genau dabei werde jede Menge Methan freigesetzt. Es war der frisch vermählte Weinkenner N., der L. kurzerhand neues Leben einhauchte, indem er diesen an seinen Respirator anschloss und auf höchste Leistungsstufe stellte. Nach kaum einer halben Stunde war L. wieder fit und freute sich wie ein kleiner Bub, als wir ihn mit den Serviettenblumen vom Vorabend bewarfen.   [Anmerkung: Sicher haben die Mitgereisten am meisten Freude an diesem Text, allen anderen sei gesagt, dass nicht alles so geschah wie beschrieben ;.-]  
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Lanzarote

Eine Insel, deren Kargheit mich auf den ersten Blick befremdete, bei näherem Hinsehen dann immer mehr faszinierte und gefangen nahm: In den unterschiedlichsten Braun- und Ockertönen changiert die bergige Landschaft Lanzarotes. Fast nur beim An- und Abflug erkennt man, dass alles ehemalige Vulkane sind. Von 1730 bis 1763 währte der allergrößte Ausbruch, der ein ganzes Drittel der Insel – ausgerechnet den fruchtbarsten Teil – mit seinen Lavaströmen zuschüttete. Dieses Gebiet, in dem Flächen wie mit Teer überwälzt abwechseln mit roten, braunen und schwarzen Bergen, steht seit 1974 unter Naturschutz. Eine einzige öffentliche Straße führt hindurch. Um wirklich hineinzukommen, muss man sich im Besucherzentrum einer Führung anschließen (möglichst früh buchen) oder bei einer Kameltour mitreiten. Es ist nicht erlaubt, eigenmächtige Wanderungen in den Nationalpark Timanfaya zu unternehmen. Allerdings schließt eine kleine Runderwanderung von ungefähr drei Stunden einen Randbereich ein. Dabei überquerten wir sogar eine Schranke und liefen auf der dahinter für die Parkranger gedachten Schotterpiste, um wieder an unseren Ausgangspunkt zu gelangen. Unterwegs begegneten wir auch einem Ranger, der uns freundlich passieren ließ. Dieser schöne Wanderweg beginnt am nördlichen Ende von El Golfo, markiert von einem Spielplatz und nebenliegenden Parkplätzen. Ein großes Schild für Wanderer informiert dort auch über die Lage. Zunächst geht es an der wilden Westküste entlang, ein fantastischer Anblick, wie die weiße Gischt sich an den schwarzen Felsen bricht. Immer wieder sind aufgebrochene Lavaröhren zu erkennen: Vielerorts sind während des Ausbruchs breite Ströme entstanden, deren Äußeres schneller abkühlte und erstarrte, während das Magma darunter glühend weiterfloss. Am Ende blieben so teils riesige innen hohle Tunnel übrig. Im Norden Lanzarotes hat der Künstler César Manrique die größten ihrer Art in ein Natur-Architektur-Kunstwerk verwandelt: Die „Jameos del Agua“ befinden sich in einem Vulkantunnel, der durch den Ausbruch des Vulkans La Corona entstand. Dieses fantastische Bauwerk und weitere, die unter Manriques Leitung geschaffen wurden, sind sicher einmalig auf der Welt und machen gleichzeitig die Einzigartigkeit der lanzarotenischen Landschaft deutlich. Zu den Bildern In einem eBook-Reiseführer habe ich die von Manrique gestalteten Orte übersichtlich zusammengefasst und mit nützlichen Hinweisen und Hintergrundinformationen versehen. Das Buch enthält im hinteren Teil auch eine Google-Map, auf der zusätzlich seine auf der Insel verteilten Windspiele eingetragen sind. Neben den bekannten Touristenattraktionen habe ich auch weniger bekannte Orte recherchiert, an denen Manrique auf Lanzarote seine Spuren hinterließ. Der kleine Kunstreiseführer ist im Gegensatz zu meinen Reiseführern über die Seychellen und Zakynthos für sämtliche eBook-Reader erhältlich, so für Apple Books bzw. iBooks oder für tolino oder für den Kindle Reader von Amazon und andere.
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Mauritius

Wenn Ihr Mauritius von einer möglichst schönen Seite erleben wollt, vermeidet diese Fehler, die wir gemacht haben:

1. Reisezeit

Fahrt nicht in der Hochsaison hin – von Weihnachten bis inklusive erste Januarwoche. Erstens verbringt in dieser Zeit gefühlt halb Frankreich seinen Weihnachtsurlaub auf Mauritius. Zweitens ist es auch die Regen- und Zyklon-Zeit. Selbst, wenn der Zyklon die Insel kaum trifft, regnet es doch häufig. Mit das Schlimmste an dieser Feuchtigkeit sind die Mücken. Außerdem ist in dieser Zeit Hochsommer – so heiß, dass man es in der Sonne gar nicht aushält. Trekking-Touren zu unternehmen ist wegen der Hitze, der Schwüle und nicht zuletzt der Mücken auch in den Bergen im Dezember/Januar kein Vergnügen. Im Dezember pausieren auch die beliebten Pferderennen, die sonst das ganze Jahr über in Port Louis veranstaltet werden.

2. Gegend

Meidet die Westküste – es sei denn, Ihr bucht euch in einem weiträumigen Resort wie Club Med in Albion oder La Pirogue in Flic-en-Flac ein. Das schönste, aber auch teuerste Hotel: Le Paradis ganz im Süden bei Le Morne. Warum: Die öffentlichen Strände sind toll wegen der Obstverkäufer, nicht aber wegen des Abfalls, den die Einheimischen, die gerade an den Wochenenden mit ihrem halben Hausstand herkommen, überall liegen lassen.

Darüber hinaus ist die Westküste am stärksten besiedelt. Erst recht um Port Louis herum und Rose Hill, aber auch nach Norden hin kommt es häufig zu Staus, wozu die lokale Fahrweise, der Bau eines (bitter nötigen) Schnellzugs, aber auch die Sitte, mitten auf der Straße zu parken, beitragen. Tiefschwarz qualmende Linienbusse und hineindrängelnde Mopedfahrer machen das Ganze nicht besser. Auch nicht die schäbige, heruntergekommene Bebauung – mit Ausnahme der kunterbunten Hindu-Tempel, die hin und wieder hervorblitzen.

3. Mietwagen

Achtet darauf, kein Mietauto zu buchen, das tiefer gelegt ist, da die Straßen zwecks Geschwindigkeitsbegrenzung voll mit hohen Schwellen sind, auf denen man sehr leicht aufsetzt, es sei denn, man überquert sie sehr sehr langsam. Ein Jeep-ähnlicher Mietwagen mit Allradantrieb zahlt sich wegen der Fahrgestellhöhe, der besseren Sicht auf die Straße, aber auch dafür aus, das Inland jenseits asphaltierter Straßen zu erkunden.

4. Unterkunft

Bucht am besten ein Hotel – erstens, weil Ihr dann sicher sein könnt, dass der Strand vorm Haus (da Hotelstrand) sauber ist, zweitens, weil Ihr nur dann auch Liegestühle und Sonnenschirme (unbedingt nötig) zur Verfügung habt, drittens, weil gerade der Sanitärbereich in Privatunterkünften u. U. nicht europäischen Standards entspricht.

Falls Ihr Entdecker seid, und Mauritius komplett erkunden wollt, bucht am besten 2 Hotels – für eine Hälfte der Zeit eines im Nordosten, für die andere ein zweites im Süden. Andernfalls müsst Ihr Euch auf eine ziemliche Fahrerei einstellen. Selbst wenn man in der Mitte der Insel eine Unterkunft bucht: Auch von Flic en Flac aus z. B. braucht es nach Norden oder Süden jeweils eine Stunde Fahrzeit. Das ist v. a. dann blöd, wenn man bspw. eine Bootstour zu den vorgelagerten Inselchen im Norden machen möchte. Die starten in der Regel nämlich ziemlich früh ab Grand Baie.

5. Reiseführer

Die üblichen in den Reiseführern ansprechend beworbenen Ziele wie bspw. die Haupstadt und ihr quirliger Markt oder die Strände und Aktivitäten an der Nordküste klingen auf dem Papier schön und interessant, aber davon abgesehen, dass das Hinkommen je nach Ausgangsort durch Lärm und Stau geschieht, hat uns die Realität eher enttäuscht.

6. Ausflüge

Spart Euch einen Besuch des Casela Nature & Leisure Parks wie auch der Domaine Les Pailles. Auch der vielbeworbene Botanische Garten in Pamplemousses ist ziemlich heruntergekommen.

Der Korallengarten in der Blue Bay ist eine kleine Boots-Tour à 500 Rupien wert. Allerdings findet man auch auf der Ostseite der Blue Bay, genaugenommen schon vor dem Beach House des Holiday Inn im Meer einen Korallengarten mit vielen bunten Fischen. Trotz der donnernd hier an- und abfliegenden Düsenjets ist der Strand ab hier Richtung Norden sehr schön.

La Maison Euréka ist vor allem wegen des Zugangs zu zwei Wasserfällen einen Besuch wert (unterhalb des Hauses). Wer nur kommt, weil er ein altes Kolonialhaus sehen will, wird auch in der wunderschönen Domaine des Aubineaux fündig – ganz ohne Eintritt zu zahlen.

Die vielfarbige Erde der Terres des Couleurs ist buchstäblich eine Touristenattraktion. Viel mehr sieht man aber auch nicht. Im nahegelegenen Ebenholzreservat gibt es Wanderwege, tolle Aussichtspunkte und (auch) die Möglichkeit, per Zipline eine Schlucht zu überqueren.

Schlussbemerkung:

Wir haben in Mauritius nicht das Sehnsuchtsziel gefunden, das der Mythos verspricht. Dafür jedoch die freundlichsten Menschen, die wir je im Urlaub trafen. In dieser Hinsicht kann man sich an Mauritius ein Beispiel nehmen: Hindus, Muslime (Sunniten und Schiiten), Christen (Katholiken und Protestanten), Buddhisten, Bahá'í und "Heiden" leben hier friedlich zusammen. Jeder vollzieht ungestört seine religiösen Rituale, lebt nach seiner Façon.

Doch der Kontrast zwischen pompösen Hotels und Einheimischen, die in deutlicher Armut leben (teils in Wellblechhütten), könnte nicht größer sein. Wenn Ihr also mitten in der Pampa durstig werdet und auf einen Obsthändler trefft, der Euch eine Kokosnuss köpft, einen Strohhalm reinpiekst und dafür 200 Rupien haben will, überlegt noch mal, ob Ihr ihn wirklich runterhandeln wollt.

Mauritius-Bilder:

Wie sehr selbst unretuschierte Fotos lügen können, seht Ihr hier.

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Sark

Die Fahrt auf die viel kleinere britische Kanalinsel Sark dauert von Guernsey aus eine knappe Stunde. Der Fährhafen von Sark liegt auf der Guernsey abgewandten Seite. Die Fähre muss daher die Insel halb umrunden, und so bekommen die Fahrgäste einen guten Blick auf die vorgelagerte Insel Brecqhou. Hier leben die angeblich reichsten Briten: die Zwillinge und Sirs David und Frederick Barclay. Sie kauften die Insel 1993 für 3,5 Millionen Pfund und gestalteten sie völlig um: Hügelketten wurden errichtet, um den Wind abzuhalten, Seen wurden angelegt, Gemüsegärten, ein Weinberg und ein Olivenhain gepflanzt. Von weithin sichtbar: ein zinnenbewehrter Betonpalast, dazu mehrere Nebengebäude für die Angestellten, auch ein Pub für Mitarbeiterveranstaltungen, eine Orangerie, eine Gästeunterkunft und eine Kapelle mit einer Krypta. Außenstehende konnten die Insel kurzfristig besichtigen, wenn sie in einem der vier Barclay-Hotels auf Sark (Dixcart Bay, Petit Champ, La Moinerie, Aval du Creux) mindestens zwei Nächte buchten. Seit 2014 sind die Hotels aber geschlossen. Die beiden Milliardäre fordern eine Nonstop-Fährverbindung von Frankreich nach Sark, bevor sie wieder eröffnen. Sark am besten auf eigene Faust per Stahlross erkunden Wer die Abgeschiedenheit von Sark länger erleben und mit Übernachtung genießen möchte, kann das dennoch. Ob Campingplatz, Bed & Breakfast oder inhabergeführtes Hotel – hier gibt’s eine Übersicht über Unterkünfte. Mit nur einem Tag Zeit leiht man sich am besten vor Ort ein Mountainbike aus, denn die Wege über die Insel sind vielerorts steinig. Die angebotenen Kutschfahrten bieten zwar den Vorteil, dass man, hoch sitzend, einen guten Blick über die Grundstücksmauern hat. Davon abgesehen verliert man mit so einer Tour eher Zeit. Denn es gibt viel zu sehen auf der kleinen Kanalinsel, allem voran die sensationell schmale Klippenstraße La Coupée, auf der man zu beiden Seiten tief nach unten blickt. Befestigt wurde diese Landbrücke nach Little Sark kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs durch deutsche Kriegsgefangene. Wir hatten aufgrund von Zeitnot infolge des schläfrigen Kutschpferdes keine Chance mehr, die Halbinsel und ihre Überreste alter Silberminen aufzusuchen. Steil runter geht es auch hinter dem Window in the Rock – nichts für Leute, die Höhenangst haben. Unbedingt einen Besuch wert ist die verwunschene Gartenanlage La Seigneurie Gardens. Dienstags werden hier auch Führungen angeboten. Den Mittelweg im hinteren Gartenbereich flankiert ein wahres Prachtexemplar der für die Kanalinseln so typischen von rosa Gänseblümchen, im Fachjargon Berufkraut, bewachsenen Mauern. Blumenkenner und -liebhaber werden insgesamt voll auf ihre Kosten kommen. Hier geht's zu unseren Fotos von Sark.
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Guernsey

Während Jersey im Inselnorden seine windigen Steilufer hat und nach Süden hin flacher wird, ist dies auf Guernsey genau umgekehrt. Daher sind Surfer auf Guernsey im Norden auf dem Meer, und die Klippenwanderwege im Süden sind nicht so zugig. Die schmalen Cliff Paths führen hier wie dort jedoch nicht einfach am oberen Klippensaum entlang. Stattdessen sind sie mit vielen und oft hohen Treppenstufen in einem ständigen Wechsel aus bergan und bergab angelegt. Anstrengend. Zwischendrin gibt es aber immer wieder Bänke, auf denen man sich ausruhen kann. Auch den ein oder anderen Bunker gibt es zu besichtigen, von den vielen, die die Deutschen hier zwischen 1940 und 1945 von Kriegsgefangenen errichten ließen. Besetzung von Guernsey 1940 - 1945 (nach einer Infotafel im Guernsey Museum) Nachdem Frankreich im Juni 1940 vor Nazi-Deutschland kapitulierte, sah sich die britische Regierung nicht in der Lage, die Kanalinseln zu verteidigen. 17.000 Menschen wurden schnell nach England evakuiert, aber 25.000 blieben zurück. Am 28. Juni bombardierte die deutsche Luftwaffe den Hafen von St. Peter Port. 23 Menschen wurden getötet. Am 30. Juni landete ein deutsches Flugzeug auf dem Flughafen Guernsey und fand die Insel unverteidigt vor. Am folgenden Tag begannen die Deutschen mit der Besetzung. Sie schifften an die 37.000 Soldaten, Artillerie, Flugzeuge, Schiffe und Panzer heran. Zwangsarbeiter aus Osteuropa mussten an den Inselufern Betonbunker errichten. Zeitungen druckten deutsche Propaganda. Die schöne Bibliothek in St. Peter Port hatte "antideutsche" Bücher gegen Strafandrohung zu entfernen. Wer es wagte, sich zu widersetzen, kam ins Gefängnis. Einige starben dort. Drei jüdische Frauen wurden nach Auschwitz deportiert. Radios wurden beschlagnahmt und an den Stränden Minen vergraben. Angelboote durften nur noch mit einer Wache an Bord hinausfahren, damit die Fischer nicht fliehen konnten. Etwa 2.000 gebürtige Kanalinsulaner als auch Bewohner, die in den britischen Streitkräften gedient hatten, kamen in Lager nach Deutschland. Für die Zurückgebliebenen wurde das Essen knapp. Genauso unmöglich, Ersatz für Alltagsgegenstände wie bspw. Fahrradreifen zu bekommen. Im Juni 1944 fielen die Alliierten in der Normandie ein. Von einem Tag auf den anderen waren die deutschen Truppen auf Guernsey und Jersey von der Versorgung mit Nahrung, Arznei oder Heizkohle abgeschnitten. Im letzten Kriegsjahr waren Insulaner wie Besatzer kurz vorm Verhungern. Seetang war das Letzte, was zu essen übrig blieb. Lebensmittelpakete des Schiffes "Vega" vom Roten Kreuz retteten die Menschen vor dem Verhungern. Am 9. Mai 1945, ein Tag, nachdem der Krieg in Europa beendet worden war, erlangten britische Soldaten die Kontrolle über Guernsey zurück. Dieser Tag wird alljährlich als Tag der Befreiung gefeiert. Tourismus auf Guernsey rangiert unter »ferner liefen« In der Regel haben Touristen vor ihrem Guernsey-Besuch auch Jersey schon kennen gelernt und stellen automatisch einen Vergleich zwischen den beiden Kanalinseln an. Jeder wird Guernseys Inselhauptstadt St. Peter Port sehr viel hübscher finden, weil der faszinierende Mix an Architekturstilen von Georgianisch bis Regency bis Pariser Flair an keiner Stelle durch hässliche Hochhäuser verunziert wird. Auf Jersey ist durch moderne Bauten viel des Altstadtcharmes verloren gegangen. Besonders die glänzenden Türme der Banken fallen in Saint Helier ins Auge. Doch daraus zu schließen, die Finanzindustrie sei auf Jersey noch bedeutender als auf Guernsey, wäre falsch, ganz im Gegenteil. Auf Guernsey werden fast 75 Prozent des BSP durch diese Branche erwirtschaftet. Der Tourismus macht gerade einmal drei Prozent aus. Begonnen hat diese Entwicklung vor rund 35 Jahren. Damals endete die lange Ära, in der die meisten Menschen auf Guernsey vom Tomatenanbau lebten. Aus dieser Zeit stammt die Vielzahl an Gewächshäusern, die man auf der Insel sieht – die meisten davon im Verfall begriffen. Die berühmte Guernsey-Tomate, aber auch die Guernsey-Erdbeeren waren lange Exportschlager gewesen, bis ihr EU-Tomaten aus Holland und Erdbeeren aus Spanien in die Quere kamen, die Großbritannien viel billiger importieren konnte. Was ein Glück, dass die Finanzindustrie zeitgleich nach neuen Offshore-Handelsplätzen suchte und auf den Kanalinseln fündig wurde. Eine Bank nach der anderen ließ sich auf Guernsey nieder. Jeder fand hier Arbeit, auch die Tomatenbauern. Einheimische wurden bevorzugt, auch ohne einschlägige Qualifikation. Jahrzehntelang fand hier jeder einen Job. Viele wechselten schon nach der zehnten Klasse in die Bank. Möglich, dass sich das ändert, denn Großbritannien kann nach dem Brexit kein Veto mehr einlegen, wenn die EU Jersey und Guernsey als Steueroasen mit wirtschaftlichen Sanktionen droht. Reiseziel für kulturell interessierte Aktiv-Urlauber Anders als auf Jersey bietet das Tourist Office in St. Peter Port einige seiner kostenlosen Broschüren sogar auf Deutsch an, darunter Wanderkarten, eine Übersicht über die verkehrsberuhigten Routes Tranquilles und Tourenvorschläge, wenn man die Insel per Rad erkunden möchte. Zutritt zu ein paar herrlichen Privatgärten erhält man auf einer deutschsprachig geführten Inselrundfahrt mit Kai-Uwe. Bei seiner Apfel-und-Blumen-Tour wird auch eine Apfelfarm besichtigt, auf der nicht nur Cider, auch Apfel-Chutney, diverse Weine und Höherprozentiges gekostet werden können. Einst war die Produktion von Apfelwein in Guernsey weit verbreitet. Fast alle Bauernhöfe auf der Insel hatten einen Apfelgarten. Kai-Uwe weiß wirklich sehr viel über Guernsey und steht bei jeder Frage Rede und Antwort. Wenn Guernsey auf den ersten Blick auch klein erscheint – eine Woche ist fast zu wenig, um die Insel und alles, was sie an historischen, kulturellen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten bietet, kennen zu lernen. In den schönen Buchten verstecken sich tolle Strände, wobei die Südküste besonders auch zum Kajakfahren, Wandern oder Coasteering einlädt, letzteres eine Fun-Sportart, bei der man behelmt und in wasserfesten Schutzanzügen Klippen quasi quer erkraxelt. Und schon allein weil Herm und Sark so nah liegen, sollte ein Ausflug auch auf diese beiden Inselchen nicht fehlen. Ein paar Fotos von Guernsey finden sich hier.
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Herm

Nur eine Viertelstunde Fährfahrt von Guernsey entfernt liegt die kleine Insel Herm, die man in knapp drei Stunden umwandern kann – auf grünen Steilklippen im Süden entlang am kilometerlangen Shell Beach im Nordosten zu den Dünen im Norden und zur Westküste, wo man bei Ebbe die Traktoren beim Abernten der Muschelfarmen sieht. Auf so einem Rundweg zeigen sich mit etwas Glück auch Große Tümmler und Papageitaucher, die im Frühjahr hierher zum Brüten kommen. Wie auf allen Kanalinseln gibt es auch auf Herm neolithische Gräber, geschätzte 3500 bis 4000 Jahre alt. Während des 19. Jahrhunderts zerstörten Steinbrucharbeiten viele dieser Dolmen, auch einen alten Monolithen, der als Seemannszeichen diente. Dieser wurde durch den Obelisken Pierre aux Rats ersetzt. Am Roberts Cross im Inselnorden werden noch Ausgrabungen durchgeführt. Rundum blüht eine Wildblumenwiese mit Pflanzen wie Schafskraut, Felssporn und Klippen-Leimkraut. Dieser The Common genannte Inselteil ist eigentlich eine Moorlandschaft. 2015 wurde das gesamte Archipel durch die UNESCO als Ramsar-Gebiet ausgewiesen – als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung. Feuchtgebiete zeichnen sich durch besonders hohe Artenvielfalt aus: Sie gehören zu den fruchtbarsten Lebensräumen der Welt und sind darum von großer ökologischer, kultureller und wissenschaftlicher Bedeutung. Übereinkunft der Ramsar-Verträge ist daher die Erhaltung und nachhaltige Nutzung solcher Feuchtgebiete zum Wohl von Mensch und Natur. Unter Wasser sind hier genauso wichtige Lebensräume zu finden, darunter Seegrasbänke, flache Riffe und versunkene Schiffswracks. Eine Menge Fischarten finden hier ideale Laichgründe, z. B. Wolfbarsch oder Schwarze Meerbrasse. Nicht nur Herm und die benachbarte Privatinsel Jethou gehören zu diesem The Humps oder auch Les Amfroques genannten Archipel, auch die noch kleineren Felseninseln Crevichon und Grande Fauconnière, noch dazu alle Mini-Felsen, die hier aus dem Wasser ragen. Mal mehr, mal weniger – die dynamische Meeresumwelt sinkt und steigt mit einem Tidenhub von bis zu zehn Metern. Wer bei Ebbe von Herm wieder abreist, muss zum weiter westlich gelegenen Hafen spazieren, der mit einer langen Treppe auf Niedrigwasser ausgelegt ist. Obacht: Wer auf der Rückfahrt vorne an Deck sitzt, könnte nass werden ... Hier ein paar Eindrücke von Herm.
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Jersey

Wenn man erzählt, man reist nach Jersey, denken die meisten an New Jersey in den USA. Doch wie der Name schon sagt: Das neue amerikanische Jersey ist nicht das ursprüngliche im Ärmelkanal zwischen England und Frankreich. Defacto war New Jersey ein Gastgeschenk von Karl II. Der erhielt im englischen Bürgerkrieg (1642 bis 1649) auf Jersey Zuflucht. Er revanchierte sich mit Kolonien, die England in Übersee zwischen dem Hudson und dem Delaware River besaß. In Gedenken an diese Geschichte wurde dieses Gebiet New Jersey genannt. (Infolge von Streits unter den Erben der ursprünglich acht beschenkten Marineoffiziere liegen aber schon lange keine Eigentumsverhältnisse mehr vor.) Vom hier gemeinten Jersey – einer grünen Insel, nicht zuletzt für ihre Kartoffeln berühmt, aber auch ihre Kühe – sieht man bei so gut wie jedem Wetter die Küste der Normandie: Frankreich ist nämlich nur knapp 23 Kilometer entfernt. Tatsächlich war Nordfrankreich – wie auch die Kanalinseln – bis 1204 Teil von England. Doch in diesem Jahr erkämpfte sich Paris die Normandie, die Kanalinseln aber nicht. Die blieben englischer Kronbesitz. Heute bleibt Jerseys französische Vorgeschichte an vielen französischen Straßen- und Häusernamen erkennbar. Zehn Prozent der Jerseyaner sprechen sogar noch Jèrriais, einen normannisch-französischen Dialekt. Selbstregiertes Paradies für Geldgeschäfte und Reiche Jersey gehört zwar zu Großbritannien, nicht aber zum Vereinigten Königreich. Die Insel hat daher auch eine eigene Gesetzgebung (viele Texte davon stammen noch aus alter Zeit und sind auf Französisch) und eine eigene Währung. Das Jersey-Pfund kann man außer auf den anderen Kanalinseln sonst nirgendwo einsetzen, geschweige denn eintauschen. Auch eigene Briefmarken bringt Jersey heraus – viele verschiedene. Besonders schön darum, von hier aus mal wieder eine Postkarte zu verschicken. Dazu kommen niedrige Steuern. Gerade in den 60er- und 70er-Jahren reisten viele nach Jersey, um steuerfrei Zigaretten, Tabak, Alkohol oder Parfum einzukaufen. Erst seit 2011 gibt es eine Steuer von fünf Prozent auf Waren und Dienstleistungen. Beim Einkommen beträgt der Höchststeuersatz 20 Prozent, aber auch nur bis zu einer Summe von 625.000 GBP. Alles, was darüber liegt, wird nur noch mit 1% besteuert. Auf Kapitalgewinne oder Kapitaltransfers werden keine Steuern erhoben. Drum ist der Tourismus lange nicht mehr der wichtigste Wirtschaftszweig, heißt: Ein Viertel der Bevölkerung ist in der Finanzindustrie tätig. Daher wurden viele Hotels zu Apartmenthäusern für Investmentbanker umgewandelt. In der Mehrzahl sind es nämlich Gastarbeiter, die temporär nach Jersey ziehen, um bei Privatbanken wie Coutts oder Barclays zu helfen, Geld zu vermehren. Um dauerhaft auf Jersey zu leben und offizieller Staatsangehöriger zu werden, muss man sich als sogenannter High Value Resident qualifizieren. Vielen Portugiesen, die in den 1960er-Jahren aus Madeira nach Jersey zogen und hier Arbeit in der Landwirtschaft oder im Hotelgewerbe fanden, ist das gelungen – allein dadurch, dass sie inzwischen vierzig Jahre auf der Insel gearbeitet haben und leben. (Zehn Prozent der heute auf Jersey lebenden Menschen stammen von Madeira.) Eine andere Möglichkeit, die Jersey-Staatsangehörigkeit zu erwerben, besteht darin, pro Jahr wenigstens 625.000 Jersey-Pfund zu verdienen und ergo 125.000 Pfund Einkommenssteuer zu zahlen. Wer auf Jersey bloß Urlaub machen will, kommt leichter hin ... Jersey als lohnenswertes Reiseziel und Urlaubsinsel Jersey ist nonstop aus Deutschland per Flugzeug erreichbar, z. B. via Düsseldorf oder München. Das ganzjährig milde, vom Golfstrom begünstigte Klima sorgt für eine herrliche Vegetation. Wer gerne Fahrrad fährt, findet viele verkehrsberuhigte Sträßchen, sogenannte Green Lanes. Immer wieder sind diese so zugewachsen, dass man durch grüne Tunnel radelt. Niemand würde hier auf die Idee kommen, Bäume, weil sie so dicht an der Straße wachsen, präventiv zu fällen. Gerade wer Eichen liebt, wird sie überall antreffen. Zu Fuß unterwegs, halten Klippenwanderwege tolle Aussichten bereit, nicht zuletzt auf riesige, nie überlaufene Strände und wunderschöne kleine Buchten. Wer Hunger bekommt, hat die Wahl zwischen Pubs, Restaurants und Ständen, an denen man z. B. Thai-Food oder sogar Fangfrisches aus dem Meer bekommt. In den Cafés gibt es die nachmittäglichen Scones oder Cakes immer auch glutenfrei. Jersey bringt v. a. eine besondere Kartoffelsorte hervor. Ihr feines Aroma rührt daher, dass die Bauern ihre Felder seit jeher mit Seetang düngen. Die Jersey Royal wird in vielen Varianten serviert, von den Einheimischen am liebsten einfach mit goldgelber Jersey Butter verspeist. Die ist besonders fett und stammt von hübschen braunen Kühen, die es so ebenfalls nur auf Jersey gibt. Nicht aus Milch, aber genauso köstlich ist Black Butter, ein süßer, fast schwarzer Brotaufstrich, für den Jersey-Äpfel stundenlang gekocht und nach alter Rezeptur u. a. mit Zimt, Lakritz und Brandy gewürzt werden. Kein Vorbeikommen an deutscher Geschichte Fünf Jahre war Jersey unter Hitler von den Deutschen besetzt. In dieser Zeit mussten Zwangsarbeiter an die 300 Bunker und Wehranlagen bauen. Man findet sie an den schönsten Stränden und inmitten uralter Burgen wie dem Elisabeth Castel. Teilweise haben die Einheimischen diese Anlagen einfach umfunktioniert: zur Strandküche, zum Hummerzuchtbecken, Kühlhaus, Ferienhaus, Museum. Viele Augenzeugenberichte aus der Zeit von 1940-45 sind als Buch veröffentlicht und in den örtlichen Buchhandlungen und Museumsshops erhältlich. Doch Jersey ist auch reich an viel älteren historischen Stätten. Dazu zählen zum einen die Burgen und Cottages, aber auch zehn Hünengräber aus der Zeit um 4000 vor Christus. Sie sind nur ein kärglicher Überrest von geschätzten über Hundert. Schon vor rund 250.000 Jahren lebten Menschen auf Jersey. Zur der Zeit – Ende der Eiszeit – war die Insel noch mit dem Festland verbunden. Besonders sehenswert ist La Hogue Bie. Dieses Hünengrab blieb lange unter einem 12 Meter hohen, künstlichen Hügel verborgen, auf den Katholiken prompt eine Kapelle setzten. Viele Informationen zu den Dolmen bietet die Internetseite prehistoricjersey.net Hier ein paar Fotos, die wir auf Jersey geschossen haben.
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Formentera

Wieso muss man sich auf dieser Insel einen Leihwagen nehmen? Es gibt keinen Grund dafür – im Gegenteil: Formentera im Auto abzufahren wird einen viele zauberhafte Details entgehen lassen. Fahrrad und Füße sind auf der südlichsten Balearen-Insel die besten Fortbewegungsmittel. Nicht nur wegen der Entschleunigung, die so viele Gelegenheiten schafft, schöne Kleinigkeiten zu sehen – von den Mohnblumen unter aufgestelzten Feigenbäumen bis zu gefleckten Ziegenböcken, die wegen zusammengebundener Vorder- und Hinterbeine im Passgang über die Wiese trotten :-o Abseits der asphaltierten Straßen wird die Landschaft urig und ist erfüllt von Vogelgezwitscher. Die Wege sind hier sandig, staubig und uneben. Links und rechts verlaufen die traditionell mörtellos errichteten, teils eingefallenen Sandsteinmauern. Manches Feld dahinter liegt verlassen da: Inmitten der Ähren haben sich Ginster, Lila Queller, Heidekraut und Johannisbrotbaum ausgebreitet. (Viele einstige Bauern leben heute vom Tourismus.) Speziell Richtung Cap de Barbaria ist die Gegend oft menschenleer – im völligen Kontrast zu den Touri-Hochburgen Es Pujols und St. Ferràn. Wer schon im letzten Jahrtausend über Formentera radelte, erlebte noch das Abenteuer, sich auf der Insel völlig zu verlieren, um irgendwann an einem bekannten Turm, einer Steilküste oder Kreuzung wieder Orientierung zu gewinnen. Wir trafen deutsche Paare, die seit fast vier Jahrzehnten jedes Jahr nach Formentera reisen. Sie wissen, dass die „Rutes Verdes“-Wegweiser eine noch junge Errungenschaft sind und man früher ganz auf sich gestellt war. (Erst wieder in Deutschland entdeckten wir das oben verlinkte PDF und diese Übersichtskarte.) Mitunter sind diese hölzernen Schilder etwas launisch aufgestellt, tauchen unverhofft erst mitten in der Pampa auf oder weisen – besonders auf der Hochebene rund um El Pilar de la Mola – plötzlich in die Gegenrichtung. Doch ihnen zu folgen, lohnt sich immer: Sie bescheren allen Neuankömmlingen die schönsten Entdeckungstouren über die Insel abseits vom Rummel und von dem Lärm und Gestank der Mopeds und Mietautos. Am besten leiht man sich ein gefedertes, vielgängiges Mountainbike und folgt den hölzernen Schildern, sobald man auf eines trifft. Sie leiten auf uralten Römerrouten durch duftende Pinienwälder und zu traumhaften Stränden. Hin und wieder sind diese Wege nur zu Fuß gangbar. Dazu gehören die Stege an den Stränden, besonders schön an der Platja de Migjorn, vorbei am Restaurant Vogamarí oder von der Platja de Pujols bis zur Platja de Llevant. In solchen Fällen sperrt man sein Rad einfach ab und geht ohne weiter. Auch die steileren Küstenabschnitte wie ab Calo d’es Mort Richtung Es Ram kann man nur gehend entdecken. Solche Wege sind oft nicht ausgeschildert, aber sichtbar ausgetrampelt. Ihnen zu folgen lohnt sich. Das Schöne ist, dass Formentera klein genug ist, um den Weg immer wieder zurück zu schaffen. Dadurch bekommt man die Freiheit, drauf los zu pirschen, ziellos zu sein und sich von der ungeahnten Vielfalt dieser Insel überraschen zu lassen. Das passende Ferienhaus auf Formentera Einen guten Ausgangspunkt in der Mitte Formenteras bietet unsere ehemalige Nachbarin Birgit Brodkorb. Birgit lebt seit vielen Jahren auf der Insel und vermietet nahe des charmanten Städtchens St. Francesc eine historische Naturstein-Finca und – auf dem selben großen Grundstück inmitten altehrwürdiger Mauern – eine schnuckelige kleine Casita. Haus und Häuschen sind sehr liebevoll eingerichtet und befinden sich in einem zauberhaften Garten. Unsere eigenen Fotos davon und von unseren Touren über die Insel findet man unter diesem Link. Birgit Brodkorb erreicht man gut per Whatsapp bzw. Smartphone-Nummer 0034 629 625 406.
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